HÄRTER BESSER SCHNELLER
HÄRTER BESSER SCHNELLER STÄRKER Die Rückkehr von Anthony Joshua Interview mit James Brown Man erfährt mehr über Boxer bei einer unerwarteten Niederlage als bei einem Sieg. Der damalige Schwergewicht-Weltmeister Anthony Joshua wurde im Juni 2019 in der siebten Runde von Andy Ruiz Jr. gestoppt. Überraschend, aber der britische Kämpfer hatte keine Zeit zum Bedauern. Kein Wutgeschrei oder Vorwürfe. Joshua ist nicht traurig über den Kampf, sondern lacht, wenn er darüber spricht, wie er in die Knie gegangen ist. Er ist ein Realist. Joshua musste sich schon vorher Comebacks erkämpfen. 2009 kam er in Untersuchungshaft wegen eines Streites. 2011 wurde er vom britischen olympischen Boxkader wegen Rechtsproblemen suspendiert. Aber er ließ das alles hinter sich und holte sich im Jahr 2012 das olympische Gold in London. Joshua – dessen Mutter Nigerianerin und Vater nigerianischer und irischer Herkunft ist – war gerade von einer Reise nach Nigeria zurückgekehrt, wo er ein bodenständiges Leben dem üblichen Luxusurlaub am Strand vorzog. Mike Tyson sagte einmal, „Du verlierst erst, wenn du aufgibst.“ Und AJ gibt nicht auf. Noch lange nicht. Sie haben niemals behauptet, unbesiegbar zu sein, und wissen, dass Niederlagen auch zum Kampf gehören. Waren Sie auf diese Niederlage vorbereitet? Immer. Niemand bereitet einen auf Niederlagen vor. Man muss nach vorn schauen. Ich versuche immer, auch hinten Augen zu haben. Auch wenn ich immer gewinnen will, bereite ich mich auf das Schlimmste und Beste vor, damit ich diesen Stoßdämpfer habe, wenn ich scheitern sollte. Entsprechen Ihre Vorbereitungen der Realität? Man bereitet sich darauf vor, erwartet es aber nicht. Die Branche hat sich seit meinem Anfang im Jahr 2008 verändert, so auch meine Prioritäten. Ich bin jetzt auf der höchsten Ebene, die Frage ist also: „Habe ich genug erreicht?“ Andere sehen mich jetzt als den Champion und erwarten, dass ich jetzt kämpfe und Sieger werde. Da gibt es kein „zwei, drei Jahre, ich baue mich wieder auf“. Wenn Sie den Titel zurückerobern, was motiviert Sie dann? Mich motivieren gerade zwei Sachen: Eine ist die Selbstverbesserung und nicht zu stagnieren. Man braucht neue Aufgaben im Leben, um neu zu beginnen. Zweitens kämpfe ich nicht für mich und meine Familie. Ich kämpfe für arme Menschen mit Problemen. Normalerweise verbringe ich meinen Urlaub in Dubai oder auf den Malediven in einem Resort, wo man so etwas nicht sieht, aber in Nigeria bin ich in die Gettos gegangen. Dort haben sie kein Internet, kennen aber Anthony Joshua. Sie sagen Dinge wie: „Kämpfe für uns, hilf uns. Wenn du nicht für dich kämpfen willst, dann kämpfe für uns.“ Mein Kampf wird nun hoffentlich eine neue Dimension bekommen, es dreht sich nicht mehr um mein Ego oder das Ego anderer. Ich kämpfe für arme Menschen, um etwas wieder- 39