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TRADITION „AKBAR IST HIER DER LAND ROVER PAPST. UND STOLZ DARAUF.“ Akbar (oben) kann angeblich fast jedes mechanische Problem lösen – dank seiner enormen Erfahrung und dem riesigen Ersatzteilarsenal in seiner Werkstatt (links). Leistung: Früher brauchte man für die 60 km hin und zurück gut und gerne sieben zermürbende Stunden. Inzwischen sind zwei Drittel der Straße geteert und betoniert. Das macht die Fahrt zwar etwas bequemer, wegen der Enge und Steigung aber nicht viel schneller. „Die Serie I ist unglaublich zäh“, schwärmt Passang. Ihre Langlebigkeit verdankt sie seiner Meinung nach der Alukarosserie und dem simplen Getriebe. „Die Karosserie rostet nicht und braucht auch nicht in einer Garage zu stehen, was in einer so beengten Stadt ein teurer Luxus ist. Moderne Geländewagen mit ihren Stahlkarosserien müssen mehr gepflegt werden.“ Er ist überzeugt, dass moderne Modelle die ständige Belastung nicht mehr überstehen würden. Und wer bin ich, dass ich diesem engagierten Mann widersprechen würde. Durch harte Arbeit und Fleiß hat er erreicht, dass eine Tochter inzwischen einen Doktortitel aus Oxford trägt, ein Sohn gerade seinen Master in Australien macht und ein drittes Kind in die nahe gelegene Schule geht? Ich fange an zu verstehen, wie die Serie I das Leben der Menschen hier von Grund auf verändert hat. Kurz darauf sitze ich auf einem schwarzen Holzstuhl in einer Werkstatt mit Regalen voller alter Land Rover Ersatzteile. Akbar ist schon über 50, aber die Falten in seinem Gesicht verschwinden, sobald er mir die vielen Ritzel, Zahnräder, Kupplungsteile, Dichtungen, Keilriemen und drei komplette Motoren zeigt. Er befasst sich seit mehr als 30 Jahren mit der Serie I und hält die Land Rover Population von Maneybhanjang praktisch am Laufen. Nur drei Exemplare hier fahren noch mit dem Original-Benzinmotor, erklärt er mir. Aus einem einfachen Grund: Diesel ist in Indien wesentlich billiger als Benzin – und Dieselmotoren fahren im Gebirge mit hohen Drehzahlen, ständigen Steigungen und Offroad-Bedingungen einfach wirtschaftlicher. „Nur die Land Rover Modelle überleben hier, weil sie so einfach zu reparieren sind“, so Akbar. Er zeigt mir eine Getriebewelle fast ohne Zähne. „Das ist ganz oben passiert. Aber der Fahrer hat es bis in die Werkstatt geschafft.“ Ich starre ungläubig auf die fast blanke Welle – mit diesen Zähnen kann man nicht einmal mehr in eine gekochte Kartoffel beißen und schon gar nicht einen voll beladenen Serie I heimbringen. „Heutige Modelle“, fügt Akbar hinzu, „haben elektronische Systeme, die man bei uns fast nicht reparieren kann.“ Akbar, der nie in die Schule gegangen ist, kennt nicht die korrekten Namen der Teile, die er reparieren muss. Aber dank seiner enormen Erfahrung und seines Geschicks versteht er sofort, wo das Problem liegt und wie man es behebt. Später erfahre ich, dass es zwar noch andere Mechaniker in der Gegend gibt, die alte Land Rover Modelle reparieren können. Aber bei 35